§ 218
Das Thema der Abtreibung wurde schon seit Beginn des 19. Jahrhunderts heftig diskutiert. Die Aufnahme der §§ 218 bis 220 in das StGB des Deutschen Reiches von 1871 änderte daran nichts. Immer wieder flammten heftige gesellschaftliche und politische Auseinandersetzungen um die Paragrafen auf – und das ist noch heute so.
Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche
Dass sich die unterschiedlichen Positionen tendenziell unversöhnlich gegenüberstehen, zeigte sich zuletzt in der öffentlichen Debatte um das sogenannte Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche, das in § 219a StGB niedergelegt ist.
Anlass war der Strafprozess der Ärztin Kristina Hänel aus Gießen. Sie hatte auf ihrer Website darüber informiert, dass sie Abtreibungen vornimmt. Das wurde nicht als Sachinformation über den Tätigkeitsbereich der Gynäkologin, sondern als „Werbung für Abtreibung“ angesehen, und war somit strafbar.
Damit wird zudem klar unterstrichen, dass eine Abtreibung nur unter bestimmten Voraussetzungen straffrei ist, und es sich bei ihr ansonsten um einen Straftatbestand handelt. Das ermöglicht ein gesellschaftliches Klima, in dem Ärztinnen und Ärzte, die Abtreibungen durchführen, Hass und Druck von Abtreibungsgegnern ausgesetzt sind.
Immer weniger Abtreibungsärz*innen?
In der Folge finden Frauen immer schwerer ein/e Gynäkologin/Gynäkologen, der den Eingriff vornimmt. In Hessen müssen schwangere Frauen sogar per Erlass vor Belästigungen von Abtreibungsgegnern beschützt werden.
Der § 219a StGB ist zweckwidrig und gehört ganz abgeschafft. Informationen über den medizinischen Eingriff des Schwangerschaftsabbruchs auf ärztlichen Webseiten entsprechen dem sachlichen Informationsbedarf von Frauen und dürfen daher nicht als Werbung im Sinne des § 219a StGB gelten.
Strafbarkeit nach § 218 StGB
Mittlerweile wurden die §§ 218 ff StGB reformiert. Doch es bleibt dabei, dass ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich für alle Beteiligten strafbar ist.
Er ist nur dann nicht strafbar, wenn die betroffene Frau die Vorgaben der sogenannten Beratungsregelung erfüllt (Beratungsregelung nach § 218a Absatz 1 StGB).
- Sie muss sich drei Tage vor dem Eingriff in einer staatlich anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle beraten lassen.
- Sie hat der Ärztin oder dem Arzt, der/die den Eingriff vornehmen soll, eine Beratungsbescheinigung über dieses Gespräch vorzulegen.
- Die Ärztin oder der Arzt, der den Schwangerschaftsabbruch innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis vornimmt, darf nicht an der Beratung teilgenommen haben.
Straflos bleibt der Schwangerschaftsabbruch auch,
- wenn medizinische (Lebensgefahr der Schwangeren oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes)
- oder kriminologische (die Schwangerschaft wurde durch ein Sexualdelikt verursacht),
rechtfertigende Indikationen vorliegen.
Aktuelle Zahlen 2020
Nachdem die Abtreibungen seit Jahren eher rückläufig waren, hat es im zweiten Quartal 2020 im Vergleich zum vergleichbaren Vorjahresquartal einen Anstieg gegeben. 96 % der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen, offenbar funktionieren die Beratungsnetze. Eine medizinische Indikation oder ein Sexualdelikt war in den übrigen 4 % der Fälle die Begründung für den Abbruch. (Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 14.09.2020).
Letztlich bleibt es dabei, dass Frauen in Deutschland auch nach Reform(-versuchen) der §§ 218 ff. StGB die Dispositionsfreiheit über ihren Körper versagt wird.